Das Hanauerland

Weiterswiller, protestantische Kirche © Jean-Paul Lerch

Weiterswiller, protestantische Kirche © Jean-Paul Lerch

Die Bezeichnung Hanauerland erinnert an die Existenz der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, einer der größten Herrschaften, aus denen das Elsass des Ancien Régime bestand. Vom 19. Jahrhundert ab bezeichnete man so den Teil der Ebene am Fuße der Vogesen nordöstlich von Saverne, um die drei Städtchen Bouxwiller, Ingwiller und Pfaffenhoffen. Eine lange Zeit hindurch hat die evangelische Konfession die verschiedenen Aspekte des Zusammenlebens auf den Dörfern bedingt. Als weitere Elemente dieser Identität sind zu nennen: das Diakonissenhaus am Neuenberg und das Collège in Bouxwiller.

 

EVANGELISCHE KIRCHE VON BOUXWILLER

Der Besuch des Hanauerlandes beginnt in Bouxwiller mit der Besichtigung der Kirche. Es handelt sich um die ehemalige, der Jungfrau Maria geweihte Niederkirche; die hieß so, um sie von der Oberkirche, der Sankt Leodegarkirche, zu unterscheiden: das ist die auf einem Hügel außerhalb des Ortes gelegene, ursprüngliche Pfarrkirche (die heutige katholische Kirche, église Saint Léger). Im Jahr 1545 wurde die Pfarrei evangelisch. 1614 wurde die Niederkirche, nun Stadtkirche genannt, in noch gotischen Formen fast ganz neu aufgebaut und vergrößert. Nur das Chor mit dem Glockenturm blieb bestehen. Die Kanzel aus angemaltem Sandstein trägt die Daten 1579 und 1614. Gemälde aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. schmücken das Geländer der Emporen; sie zeigen biblische Szenen und Christus, von den Aposteln umgeben. Eine Silbermann-Orgel wurde im Jahr 1778 fertiggestellt (1968 restauriert), zugleich mit dem darunter liegenden Fürstenstübchen.
 

EHEMALIGE COLLEGE VON BOUXWILLER

Der evangelischen Kirche gegenüber steht das ehemalige Collège der Stadt. Das Gebäude aus dem Jahr 1750 unterscheidet sich durch die harmonisch gegliederte Fassade. Es ersetzt ein früheres Gebäude aus dem Jahr 1612, von dem nur der Gedenkstein zur Einweihung erhalten bleibt. Es unterstand dem Consistorium (Leitungsorgan der Kirche der Grafschaft). Es wurde finanziert durch Kollekten und durch die Beiträge des Spitals und der kirchlichen Schaffneien. Anfangs war es eine Lateinschule, 1658 dann ein Gymnasium; es war in der Zeit der französischen Revolution geschlossen, ab 1804 war es dann ein kommunales Collège und besteht weiter als Lycée Adrien Zeller und Collège du Bastberg.

 

SIMULTANKIRCHE SAINT-LÉONARD, DOSSENHEIM-SUR-ZINSEL

Entdecken Sie im Dorf Dossenheim-sur-Zinsel die Simultankirche Saint Léonard. Hinter dessen Mauern die Einwohner über sogenannte Gaden verfügten: da konnten sie Proviant und Sämereien lagern und, in unruhigen Zeiten Schutz suchen.
In dem gotisch gewölbten Chor aus dem Mittelalter steht der katholische Altar. Der evangelische steht im Kirchenschiff in einer Seitenachse, den Bestimmungen des Simultaneums entsprechend.

ADELPHI-KIRCHE, NEUWILLER-LÈS-SAVERNE

In Neuwiller-lès-Saverne fahren Sie bis an die Adelphi-Kirche (die am meisten östlich gelegene Kirche). Sie wurde 1230 fertiggestellt und war zugleich Pfarr- und Wallfahrtskirche. Eine evangelische Gemeinde entstand 1562. Durch einen Vergleich wurde die Kirche geteilt: eine Mauer trennte das Kirchenschiff der Protestanten von dem katholischen Teil, d.h. der Vierung und dem großen Hallenchor mit dem Reliquienschrein des heiligen Adelphi. Nach der Revolution wurde dieser Teil der Kirche nicht mehr benutzt, denn die frühere Abteikirche Sankt Peter-und-Paul wurde der katholischen Pfarrei zugewiesen und der Reliquienschrein wurde dorthin überführt; 1824 wurde das Hallenchor abgebrochen und die Vierung, welche nach hinten hin geschlossen war, wieder zum Schiff hin geöffnet.


FOYER SAINT-JEAN, NEUWILLER-LÈS-SAVERNE

In der Nähe, 19 rue des Cerfs befindet sich das evangelische Jugendheim, Foyer Saint Jean. Es ist das ehemalige Schloss der Freiherren von Reissenbach, um 1762 erbaut. Von der Stelle aus hatten früher die Herren zu Lichtenberg, später Grafen von Hanau-Lichtenberg ihre Vogtsgewalt über die Abtei Neuwiller ausgeübt. Heute ist es der Sitz des evangelischen Jugendbunds/E.U.L. (Equipes unionistes luthériennes), welcher mit einem Teil der Jugendarbeit der evangelischen Kirche beauftragt ist.
19 rue des Cerfs


PFARRKIRCHE SAINT-MICHEL, WEITERSWILLER

Fahren Sie dann 3,5 km weiter nach Weiterswiller. Die evangelische Pfarrkirche Saint-Michel zeigt kostbare Fresken aus der ersten Hälfte des 15. Jh. sowie verschnörkelte Zierleisten mit Bibelsprüchen, welche in der Reformationszeit hinzugefügt wurden. Das ganze wurde 1906 freigelegt. Bemerkenswert sind auch die zahlreichen Überreste (Wappen und Grabmäler) der damaligen Herren, der Familie von Fleckenstein. Auf dem alten Friedhof neben der Kirche ist ein Beinhaus aus der Zeit um 1550 erhalten.
 

KIRCHE VON OBERSOULTZBACH

Über die D 7 erreichen Sie die Kirche von Obersoultzbach. Vom Gotteshaus aus dem Mittelalter bleibt der untere Teil des Turms mit dem Chor erhalten. Das Schiff stammt aus dem Jahr 1858; der Innenraum wurde kurz nach dem Jahr 1900 neugestaltet. Schmuck und Mobiliar sind typisch für diese Zeit. Bemerkenswert sind die großen, 7 Meter hohen Gemälde von Carl Jordan: zwischen der Kreuzigung und der Auferstehung hängt das Bild der Bergpredigt, auf dem Jesus sich in ländlichem Rahmen an die Dorfbewohner in der damaligen Tracht wendet.

 

EVANGELISCHE KIRCHE VON INGWILLER

In Ingwiller, place du Marché, steht die evangelische Kirche. Sie war lange Zeit die einzige Pfarrkirche, der heiligen Magdalena geweiht. Diese Schutzherrschaft geriet in Vergessenheit, nachdem 1570 die Reformation eingeführt worden war, wurde jedoch neu aktiviert 1685, bei Durchführung des Simultaneums und wurde wieder aufgegeben, als die neue katholische Kirche Sainte Madeleine 1893 in Betrieb genommen wurde.
Das alte romanische Chor im unteren Teil des Glockenturms wurde 1959 zur Taufkapelle. Das Schiff stammt aus dem 15. Jh., der östliche Teil davon ist gebildet durch den Ansatz einer eleganten gotischen Halle, deren Gewölbe auf schlanken achteckigen Säulen ruhen. Ein fein durchbrochenes Treppengeländer aus grauem Sandstein führt zu einer Renaissance-Kanzel (1617) aus demselben Sandstein. Die Muhleisen-Orgel wurde 1965 gebaut.
Die zwei Pfarreien, die katholische und die evangelische haben sich bemüht, ihre Kirchen, die fast nebeneinander stehen, mit Glocken auszustatten, die äußerst harmonisch zusammenläuten.


MAISON DU DIACONAT, INGWILLER

In Ingwiller ist auch das Maison du Diaconat, ein Altersheim, medizinische Station und Reha-Klinik; es ist an das Diaconat von Mulhouse angegliedert. Ursprünglich war es das Diakonissenhaus des Neuenberg, 1877 vom Pfarrer Gustav Herrmann gegründet; es spielte über ein Jahrhundert lang eine bedeutende soziale, sanitäre und geistliche Rolle im Hanauerland. In seinem Bereich steht die église Saint-Etienne. Dieses bescheidene Gotteshaus ist ausgestattet mit einem bemerkenswerten Glasfenster, 1959 in der Kunstwerkstatt A. Labouret hergestellt.


KIRCHE VON LICHTENBERG

Auf dem Schloss zu Lichtenberg bemerken Sie die Kirche innerhalb der Schlossmauer: sie wurde um 1590 in noch gotischen Formen erbaut, anstelle einer älteren Kapelle. Nach der französischen Eroberung (1678) blieb das Schloss im Besitz der französischen Krone und wurde in das Verteidigungssystem der Grenzen integriert und zwar bis 1870. Die Kirche wurde für die neu gegründete katholische Pfarrei und die Garnison dem katholischen Gottesdienst zugewiesen und dem heiligen Ludwig geweiht.
Dort steht ein bemerkenswertes marmornes Mausoleum für den Grafen Philipp V. (1541-1599). Auch zwei Steinplatten, zum Grabmal Philipp IV. gehörend, sind dort aufbewahrt. Die stellenweise kaum noch lesbare Inschrift erinnert an den Einsatz des Grafen zugunsten der Reformation.


JAKOBSKIRCHE, REIPERTSWILLER

Fahren Sie weiter nach Reipertswiller! Das mehrmals veränderte Schiff der Jakobskirche, église Saint Jacques le Majeur ist eingefügt zwischen einem romanischen Glockenturm und einem weiten Chor mit Netzgewölbe, einem schönen Beispiel der spätgotischen Kunst. Jakob der Bärtige, der letzte Graf von Lichtenberg (1416-1480) beschloss 1478 seine Grablege im Chor der Kirche einzurichten.


KIRCHE VON SCHILLERSDORF

In der Nähe der Mairie und des Parkplatzes steht, an Stelle eines Gebäudes aus dem Mittelalter, die evangelische Kirche, ein Bau aus dem Jahr 1851, mit Mobiliar von damals und modernen Fenstern. Daneben steht das Pfarrhaus aus dem Jahr 1740. Der Pfarrer Christian Schröder (1748-1801) wohnte hier. Als Anhänger der Aufklärung predigte er moralischen und technischen Fortschritt und führte neue landwirtschaftliche Produktionsmethoden ein.
Nach Art der rationalistischen Pfarrer seiner Zeit, lag Schröder nicht viel an den geistlichen Bedürfnissen seiner Gemeindeglieder; deshalb entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Erweckungsbewegung mit einer Rückkehr zu persönlicher Frömmigkeit, den dogmatischen Texten und auch einer Aufwertung der Sakramente. Die ablehnende Haltung der Kirchenleitung führte 1883 zu einer Spaltung.
Wie auch in anderen Gemeinden bildete sich hier eine freie evangelisch-lutherische Kirche (frei, weil unabhängig von den staatlich anerkannten Kirchen). Manche dieser Gemeinschaften sind erhalten geblieben, so auch die in Schillersdorf.
 

KIRCHE VON MULHAUSEN

Von der Kirche aus dem Mittelalter bleibt nur das Chor bestehen, mit einem beeindruckenden Renaissance-Grabmal. Das durch die Kampfhandlungen im Winter 1944-45 zerstörte Schiff wurde 1957-60 neu aufgebaut und ist typisch für den damaligen Stil (sehr schlicht, Altar und Taufstein aus massivem Sandstein). Muhleisen-Orgel aus dem Jahr 1963.
 

EVANGELISCHE KIRCHE, PFAFFENHOFFEN

Um dem Simultaneum ein Ende zu machen, beschloss die evangelische Gemeinde Kirche und Pfarrhaus neu zu bauen, und zwar im früheren Grafenhof. Das Ganze wurde 1885 eingeweiht. Sich an die romanische Kunst erinnernd, hat es der Architekt Albert Brion (1843-1910) verstanden, einen hellen und harmonischen Raum zu schaffen. Die Kirche enthält eine Dalstein-Haerpfer-Orgel aus dem Jahr 1889.Die Vorfahren von zwei berühmten Persönlichkeiten sind hier geboren und aufgewachsen: Louis Théophile Schweitzer (1846-1925), der Vater von Albert Schweitzer und Charles Schweitzer (1844-1935), der Großvater von Jean Paul Sartre.
 

MUSÉE DE L’IMAGERIE POPULAIRE, PFAFFENHOFFEN

Im Musée de l’imagerie populaire, 24 rue du Dr Schweitzer kann man eine bedeutende Bildersammlung sehen, die anhand verschiedener Techniken entstanden ist. Da der Grundbestand in der Gegend gesammelt wurde, spiegeln viele dieser Bilder die evangelische Frömmigkeit, sowie sie in den verschiedenen Momenten des Lebens der Menschen zum Ausdruck kam.


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