Reformation und Reformatoren
Église Saint-Pierre-le-Jeune à Strasbourg, peintures murales © Jean-Marie Stocker
Die freie Reichsstadt Straßburg ist eine der Städte, in denen die Reformation von Anfang an, ab 1523, durchgeführt wurde. Der evangelische Gottesdienst, gekennzeichnet durch eine Reform der Liturgie und eine von Luthers Thesen inspirierte Predigt, ersetzte die Messe in den Kirchen der Stadt. Im Mittelpunkt der Reformation steht der Gedanke, dass das Evangelium jedermann zugänglich sein soll und dass es keine Unterscheidung mehr geben soll zwischen Klerikern und Laien. Auch soll die Kirche in die Stadt integriert sein. Im Jahr 1529 beschloss die Regierung der Stadt, die herkömmliche Messe zu verbieten.
Im Münster hat alles angefangen.
Sankt Aurelien war die Kirche der Gartner. Es ist die erste, die zur Reformation übergegangen ist. Martin Bucer amtierte hier als Pfarrer von 1524 bis 1530.
Das Kirchenschiff wurde im Jahr 1765 komplett nach dem architektonischen Prinzip des Gebetssaales, der zentriert ist auf die Kanzel und den Altar, rekonstruiert.
Die Thomaskirche spielt eine besondere Rolle in der religiösen Geschichte Straßburgs. Gegründet wurde sie nach der Tradition von dem Heiligen Florentius im 7. Jh. Sie wurde im Jahr 820 vom Bischof Adeloch wiederaufgebaut und ab 1196 wurde daran mehrmals gebaut, umgestaltet, erweitert, so dass alle Stilarten des Mittelalters in ihr vertreten sind. Mit ihren fünf gleich hohen Schiffen gilt sie als die älteste Hallenkirche im weiten Umkreis. Ab 1523 wurde der Gottesdienst hier im Geist der Reformation gefeiert. Anton Firn, Priester an der Thomaskirche und Wolfgang Capito (Capiton en français) gaben dazu den Impuls.
In dieser Kirche gibt es eine Reihe von Grabstätten, wie der Sarkophag von Adeloch aus dem 12. Jh. und das Mausoleum des Marschalls Moritz von Sachsen (18. Jh.).
Albert Schweitzer rettete die historische Orgel von Johann Andreas Silbermann von 1741. Sie wurde 1979 von Alfred Kern restauriert. Am 28. Juli, dem Todestag von Johann Sebastian Bach, findet jedes Jahr um 21 Uhr ein Konzert statt; es wurde von A. Schweitzer initiiert.
Die Jung St. Peter Kirche wurde vom Ende 13. Jh. bis Anfang 14. Jh. erbaut und 1900 restauriert. Sie ist eines der ergreifendsten Gebäude von Straßburg. Die Wandmalereien rufen die mittelalterliche Epoche in Erinnerung. 1524 ging die Gemeinde zur Reformation über. Als 1683 der Chorraum an eine katholische Gemeinde übertragen wurde, konstruierte man eine Mauer hinter dem Lettner. Nach dem Weggang der Katholiken im Jahr 1893 bewahrte der Chorraum dennoch die Einrichtung Zeit des Simultaneums. Der Kreuzgang, der kürzlich restauriert worden ist, ist ein Ort des Friedens.
Die Wilhelmer-Kirche ist ursprünglich eine Klosterkirche. Die angrenzenden Gebäude wurden 1544 dem Collegium Wilhelmitanum zugewiesen, damit 40 unbemittelte Studenten des Gymnasiums eine Unterkunft bekämen. Kanzel und Altar sind sehr schön. Bemerkenswert ist in einer Wandnische das Doppelgrabmal der Brüder Ulrich und Philipp, Landgrafen von Werd (14. Jh.) Hervorragende Glasmalereien, zum Teil von Peter Hemmel von Andlau, aus dem 15. Jh. wurden 1873 restauriert. Beim berühmten alljährlichen Karfreitagskonzert werden abwechselnd die Matthäus- und die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach interpretiert.
Die Neue Kirche wurde erbaut anstelle der früheren Dominikanerkirche, die 1870 bei der Bombardierung der Stadt zerstört wurde. Die aus Sandstein gebaute Kirche verweist auf den romanischen Stil. An ihrer Nordseite grenzt sie an das Gebäude des Gymnase Jean Sturm. Der Vorgänger dieses Gymnasiums war die von den Straßburger Reformatoren im Jahr 1538 erbaute Hohe Schule und die darauf im Jahr 1621 gegründete Universität. Als Jean Calvin in Straßburg lebte (1538-1541), feierte er im Oratorium der Dominikanerkirche Gottesdienst in französischer Sprache für die aus Frankreich geflohenen Protestanten.
Mathias Zell (1477-1548), der seit 1518 der Laurentiuspfarrei des Münsters war, begann 1521 in der Linie der Ideen Martin Luthers zu predigen. Dabei zog er eine große Zuhörerschaft an. Zell taufte in deutscher Sprache und teilte ab 1524 die Eucharistie in beiderlei Gestalt aus.
Durch seine Christliche Apologie (1523), der ersten reformatorischen Schrift in Straßburg, gelang es ihm, die in sein Lager zu bekommen, die später die großen Reformatoren der Stadt werden sollten: Bucer und Capito. Er war auch der erste Straßburger Kleriker, der heiratete: Mathias Zell heiratete Catherine Schütz (1494-1552), die ihm tatkräftig zur Seite stand. Nach der Annektierung Straßburgs durch Louis XIV. im Jahr 1681 wurde das Münster der katholischen Kirche übergeben.
Caspar Hedio (1494-1552) war ebenfalls Prediger an der Kathedrale – von 1523 bis 1550. Er wirkte mit an der Einführung und Organisation der Reformation in Straßburg, indem er er 1544 begann, im Jahr 1544 ein Schulsystem aufzubauen und ein Internat, das heutige Thomasstift ins Leben zu rufen. Er brachte sich ein in die karitativen Werke, die von der Reformation eingerichtet worden waren. Er riet davon ab, mit Gewaltandrohungen den Juden oder auch Türken entgegenzutreten.
Wolfgang Fabricius Köpfel, genannt Capito, war der erste evangelische Pfarrer an Jung St. Peter. Geboren wurde er um das Jahr 1478 in Haguenau. Nachdem er Jura und Medizin studiert hatte, wendete er sich der Theologie zu. 1514 war er Professor an der Universität zu Basel. Dann war er Prediger am Dom zu Mainz (y a-t-il eu une cour impériale à Mayence ???). 1523 wurde er nach Straßburg gerufen, heiratete und engagierte sich entschlossen für die Reformation. Zusammen mit Martin Bucer verfasste er das Glaubensbekenntnis, genannt Tetrapolitana und später das Glaubensbekenntnis der Kirche zu Bern. Schliesslich ist die Wittenberger Konkordie (ein Versuch des Übereinkommens zwischen Lutheranern und Reformierten bezüglich des Abendmahls) zum Teil sein Werk. Mit einem irenischen Geist ausgestattet, nahm er auch „abtrünnig“ gewordene Theologen auf. Er starb 1542 an der Pest.
Martin Bucer (1491-1551) war der wichtigste Straßburger Reformator, wirkte jedoch europaweit. Er war Pfarrer an der Thomaskirche von 1531 bis 1540. Er war ein inbrüstiger Verteidiger der Einheit des lutherischen und des reformierten Stromes. Er beeinflusste sehr den jungen Calvin. Er war das stärkende Element der Straßburger Kirche und strebte danach, die Gemeinden um einen engagierten Kern herum zu organisieren (Christliche Gemeinschaften) und die Jugend auszubilden (er hat die Konfirmation eingeführt). Da er gegen das vom Kaiser auferlegte Interim war, musste er im Jahr 1549 nach England auswandern, wo er bis zu seinem Tod in Cambridge lehrte. Dort spielte er eine wichtige Rolle bei der Einführung der anglikanischen Liturgie. Ein Denkmal wurde 1891 vom Thomaskapitel errichtet, um an seinen 400. Geburtstag zu erinnern.
Jean Sturm war ein deutscher Humanist, der in Paris und Löwen ausgebildet worden war. Er wurde 1537 von Martin Bucer nach Straßburg gerufen, um Rhetorik und Dialektik zu lehren. Er beteiligte sich mit Hilfe des Magistrats der Stadt an der Gründung der Hohen Schule. Er war ihr erster Rektor (von 1538 bis 1582). Als Diplomat unterstützte er die französischsprachigen Reformierten bei den deutschen evangelischen Fürsten. Da er den Ideen des schweizer Reformators Ulrich Zwingli näher stand als denen von Luther, musste er sein Amt als Rektor niederlegen, und als Straßburg sich der strengen lutherischen Orthodoxie verschrieb, legte er sein Amt als Rektor nieder. Er zog sich nach Nordheim zurück, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.
Jacob Sturm von Sturmeck (1489-1553) (nicht zu verwechseln mit Johann Sturm), ein vom Humanismus durchdrungener Aristokrat, war einer der Vorläufer der Reformation und wurde zum markantesten Politiker der Freien Reichsstädte und europaweit ein einflussreicher Diplomat. Als Stettmeister (Bürgermeister) von Straßburg war er der mächtigste Mann der Stadt und gab den Impuls für die Umstrukturierung der Schulen und für die Gründung der Hohen Schule; er war auch für die Reformatoren ein umsichtiger Schutzherr. 1548 musste er jedoch das Interim und die Entlassung Martin Bucers, durch den Kaiser Karl V. aufgezwungen, akzeptieren.
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